FauserCoaching - Leistungsangebot Coaching und Teamentwicklung auf systemischer Basis von Peter Fauser

Die ersten 100 Tage — entscheidend für den persönlichen Erfolg

Eine Coaching Prozessanalyse

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Der beschriebene Coachingprozess umfasste vier Gespräche und erstreckte sich insgesamt über einen Zeitraum von acht Monaten.

1. Gespräch 27. Februar
2. Gespräch 04. Mai
3. Gespräch 29. August
4. Gespräch 24. Oktober

Ein Gespräch dauerte ca. 2,5 – 3 Stunden. Dieses Kontingent wurde vorab zwischen mir als Coach und der Abteilung Führungskräfteentwicklung des Konzerns vereinbart. Die Klientin Frau H. hat selbst um Coaching für die Anfangsphase ihrer neuen Tätigkeit nachgefragt.

Frau H. hat vor wenigen Monaten die Führung einer neu gebildeten Abteilung («Unit») von ca. 10 Mitarbeitern übernommen und berichtet in dieser Funktion Herrn S.. Dieser ist Geschäftsführer einer neu gegründeten, konzerneigenen GmbH, der u.a. auch diese «Unit» angehört. Die Gesellschaft wurde aus bestehenden Abteilungen des Konzerns ausgegründet.

Frau H. möchte im Coaching folgende Fragen/Themen klären/bearbeiten:

  1. Gestaltung der Zusammenarbeit mit ihrem Chef Herrn S.
  2. Mitarbeiterführung (Von der Kollegin zur Vorgesetzten: Frau H. hat als «Unit-Leiterin» ehemalige Kollegen zu führen.)

Erstes Coachinggespräch

Ad (1) Zusammenarbeit mit dem Vorgesetzten

Frau H. berichtet von Situationen, in denen ihr Chef sich nicht an mit ihr vorher getroffene Absprachen hält; – sie fühlt sich dadurch persönlich mißachtet und in ihrer Führungsrolle als Unit-Leiterin entwertet. Er trifft z.B. an ihr vorbei Absprachen mit MA aus ihrer Unit, die er vorher mit ihr — aus ihrer Sicht – anders oder gar nicht besprochen hat.

Diesbezügliche Klärungsversuche ihrerseits blieben bisher ohne Erfolg.

Sie berichtet ferner, daß sie häufig seine fachlichen Entscheidungen / Vorgehensweisen nicht richtig findet und dann «innerlich die Hände über dem Kopf zusammenschlägt» und ihn in entsprechende fachliche Diskussionen zieht. Hier zeige er sich «stur» und wenig zugänglich.

Im Coaching äußert sich Frau H. äußerst empört und entrüstet über das Verhalten von Herrn S. und möchte Wege finden diese Beziehung zu verbessern. Auf Nachfrage erklärt sie, daß diese Empörung / Entrüstung durchaus auch in den Gesprächen mit Herrn S. zum Ausdruck kommt, wenn sie versucht mit ihm diese Dinge zu klären.

Aus meiner Sicht hat die Art, wie Frau H. diese Empörung und Kritik gegenüber ihrem Chef äußert, einen radikalen und absoluten Charakter, die diesem zunächst wenig Spielraum für einen konstruktiven / differenzierten Umgang mit dem Thema läßt. Keinesfalls ist sie einer Vorgesetzten-MA-Beziehung angemessen.

Dass sie außerdem glaubt, in vielen Fragen ihrem Chef fachlich überlegen zu sein, gibt in den Coachinggesprächen ebenfalls unumwunden zu.

Ein wichtiger Teil einer Verbesserung der Beziehung wären für sie Verhaltensweisen von Herrn S., die sie als Ausdruck seiner Würdigung ihrer Rolle ansehen würde. Konkret hieße das, dass er nicht mehr an ihr vorbei auf ihre Mitarbeiter «zugreift» und sich konstruktiv mit ihren fachlichen Vorschlägen auseinander setzen würde.

Diagnostische Einschätzung 1: Symmetrische Eskalation um Würdigung

Die geschilderten Verhaltensweisen von Herrn S. können als Versuche interpretiert werden, sich gegenüber Frau H. in der Rolle als Vorgesetzter zu positionieren und in dieser Rolle gewürdigt zu werden. Dies sieht er, so meine Hypothese, durch ihr Verhalten zumindest latent in Frage gestellt. (Frau H. konstatiert auf Nachfrage, dass es durchaus möglich sein könnte, dass Herr S. ihr Verhalten so interpretiert: «…seine Position untergraben …»)

Insofern kann die Beziehung zwischen Frau H. und Herrn S. als Beziehungsdynamik interpretiert werden, in der das Verhalten des einen (mit der Intention dadurch selber Würdigung, Geltung, Akzeptanz vom Gegenüber zu erfahren), vom anderen als nicht würdigendes Verhalten bezüglich der eigenen Rolle angesehen wird.

In anderen Worten:

Beide ringen in der Beziehung darum, bezüglich der eigenen Rolle vom anderen Würdigung zu erfahren; – dies allerdings mit Mitteln, die der andere als «Ent-Würdigung» bezogen auf die eigene Rolle interpretiert. (Ein Teufelskreis einer sich selbst aufrechterhaltenden Dynamik.)

Beide haben den berechtigten Anspruch in ihrer Rolle vom anderen gewürdigt zu werden, – fordern ihn aber mit Verhaltensweisen ein, die für den anderen nicht akzeptabel sind.

Coachingziel: Einsicht bezüglich dieser Beziehungsdynamik: Frau H. soll sich klar werden, dass sie sich kontraproduktiv verhält: Sie trägt — bisher unbemerkt – zur Stabilisierung dessen bei, was dadurch eigentlich gelöst werden soll. (Lösungsversuch als Teil des Problems).

Intervention 1: Erläuterung der Beziehungsdynamik

Unter anderem: «Ich kann mir gut vorstellen, daß Sie in der Sache häufig Recht haben. Aber durch ihre Art wie Sie versuchen von Ihrem Chef Recht zu kriegen (indem er sich z.B. künftig an Absprachen hält) verhindert genau dieses!»

Auf kognitiver Ebene konnte Frau H. diesen Betrachtungsweisen sofort folgen. In ihrer Reaktion darauf wurde aber auch deutlich, dass der «Ausstieg» aus dieser Dynamik noch durch andere Zusammenhänge erschwert wurde: «Ich habe jetzt verstanden, dass ich so wie bisher nicht weiter komme, – weiß aber noch nicht wie dann! Wie kann ich ihn in seiner Position würdigen, ohne mich zu verbiegen

Diagnostische Einschätzung 2: Gleichsetzung bzw. Vermischung der Kategorien «Würdigung» und «Unterordnung» (Etwa: «…den Chef würdigen hieße mich unterordnen, – und zwar in einer für mich unakzeptablen Weise»).

Diese Vermischung hat entsprechende Einschränkungen im kommunikativen Verhaltensrepertoire zur Folge, nämlich solche, die «Würdigung» und «Kommunikation auf Augenhöhe» gleichzeitig zum Ausdruck bringen

Intervention 2: Konkretisierung neuer Verhaltensoptionen über modellhafte Sprachfiguren (wörtliche Rede): «Die Problemklärung zwischen Ihnen als Unit-Leiterin und Herrn S. als GF könnte etwa so klingen: Mir wäre es wichtig, dass wir hier als Leitungsverantwortliche gemeinsam an einem Strang ziehen … dies hieße aus meiner Sicht konkret folgendes … was halten Sie aus Ihrer Perspektive als GF davon? … hierfür bräuchte ich Ihre Unterstützung …»

Ziel dieser Sprachbeispiele ist es, dadurch die Haltung zu veranschaulichen, die Würdigung des Chefs nicht mit Unterordnung verwechselt und gleichzeitig exemplarisch zu zeigen, wie dies kommunikativ verwirklicht werden kann. Auf diese Weise soll also beides — Haltung und kommunikatives Handelnnachvollziehbar gemacht werden.

Ihre Resonanz auf diese Interventionen («… so kann ich mir das schon vorstellen …») zeigte, dass dies auch für sie akzeptable Vorgehensweisen darstellten.

Zweites Coachinggespräch

Diagnostische Einschätzung 3: Noch wenig gefestigtes / konturiertes Selbstverständnis in der Führungsrolle.

Die im ersten Gespräch angesprochene Gleichsetzung bzw. Vermischung der Kategorien «Würdigung» und «Unterordnung» wurde auch als Ausdruck eines entwicklungsbedürftigen Selbstverständnisses in der Rolle als «Unit-Leiterin« gesehen. Auch das oben angesprochene Ausmaß der Empörung/Entrüstung in den Klärungsversuchen mit dem Chef kann — i.S. mangelnder Souveränität in der Führungsrolle – als Indiz dafür eingeschätzt werden.

Intervention 3 (wie 2): Oben beschriebe Sprachfiguren haben vor diesem Hintergrund auch die Funktion, exemplarisch ein mögliches Selbstverständnis als Unit-Leiterin zu verwirklichen bzw. kommunikativ in Szene zu setzen. Sie sollen anschaulich machen, wie sie als «Unit-Leiterin Frau H.» durch Kommunikation in dieser Rolle Konturen annehmen kann.

Es handelt sich dabei um Wirklichkeitsvorschläge meinerseits, die entsprechende Suchprozesse bei Frau H. auslösen sollen und die das Finden eigener Formen («Inszenierungen») stimulieren sollen.

Ad (2) Mitarbeiterführung Auch bezüglich der Mitarbeiterführung äußert Frau H. den Wunsch «… mich berechtigt zu fühlen. Ich möchte mehr Sicherheit im Umgang mit ihnen.»

Insofern zeigt sich dieses Thema «Selbstverständnis / Selbstbewußtsein in der Führungsrolle» in der Beziehung zum Chef und gegenüber den Mitarbeitern.

Intervention 3a: Für das Thema «Selbstverständnis als Unit-Leiterin» im Kontext Mitarbeiterführung habe ich Frau H. ein Schema vorgestellt, das sog. «Kernaufgaben der Führung» beschreibt.

Führen heißt:

  1. die Arbeit anderer inhaltlich ausrichten (Aufgaben & Ziele definieren; Ergebnisse kontrollieren, entscheiden)
  2. die Arbeit anderer organisieren (Rahmenbedingungen, Ressourcen, Schnittstellen, Prozesse & Strukturen)
  3. Menschen fordern und fördern (Feedback geben: Leistungen, soft skills, Lernen, Perspektiven)
  4. die Arbeit anderer verantworten (im und gegenüber dem Unternehmen)

Im Gespräch wurden erste Konkretisierungen dieses Schemas für den Kontext von Frau H. besprochen. Frau H. hat die «Hausaufgabe» bekommen, dieses Schema bis zum nächsten Gespräch für ihre Kontext/Rolle weiter auszuarbeiten. Dies hat sie dann auch sehr sorgfältig und ausführlich getan.

Handlungsleitend war hier die These, dass die Explizierung der eigenen Führungsaufgaben einen positiven Einfluß auf die entsprechenden identitätsbildenden Prozesse hat.

Drittes Coachingespräch

Reflektion und weitere Ausarbeitungen zum Thema «Kernaufgaben der Führung»

Viertes Coachinggespräch

Diagnostische Einschätzung 4: Mangelhafte Rollendefinitionen auf organisatorischer Ebene.

Das noch wenig konturierte Selbstverständnis als «Unit-Leiterin» wurde in diesem Coachingprozeß nicht ausschließlich als individueller Entwicklungsbedarf (in der Person von Frau H.), sondern auch als Indiz für einen Entwicklungsbedarf auf der organisatorisch-strukturellen Ebene gesehen.

Evidenzen: Die GmbH wurde erst vor kurzem aus bestehenden Bereichen / Mitarbeitern des Konzerns ausgegründet. Allein hieraus resultiert ein hoher Definitionsbedarf bezüglich der aufbau- und ablauforganisatorischen Rahmenbedingungen. Bezüglich der Aufbauorganisation meint dies die Klärung der Verantwortungs- und Befugnis-/«Kompetenz»-relationen zwischen den Rollen Geschäftsführung, Unit-Leitung und Mitarbeiter. Frau H. berichtet von entsprechenden Diskussionen, die diese Themen zum Gegenstand haben.

Auch die oben beschriebene Beziehungsdynamik zwischen Frau H. und Herr S. kann als Indiz für die Notwendigkeit institutioneller (personenunabhängiger) Rollendefinitionen gesehen werden: Wenn klar ist, wem – qua definierter Rolle im Organisationsgefüge — was in der Beziehung zusteht, dann erübrigen sich entsprechende Auseinandersetzungen der jeweiligen Rolleninhaber.

Intervention 4: Mit Frau H. wurde im Coaching besprochen, welche konkreten Vorgehensweisen ihrerseits dazu beitragen können, dass bezüglich der organisatorischen Rollendefinitionen entsprechende Abstimmungen und verbindliche Festlegungen erfolgen können. Hier wurden z.B. Strategien erarbeitet, dass Frau H. in Kooperation mit den anderen Unit-Leitern einen Vorschlag entwickelt, der dann mit dem Geschäftsführer und dem für die GmbH zuständigen Manager im Konzern abgestimmt werden soll.

 

Der hier dargestellte Coachingprozess ist insofern ein gutes Beispiel, wie über so konzipierte Personenqualifikation auch Impulse für eine notwendige Systemqualifikation gesetzt werden können.

Das Thema «Rollendefinitionen auf organisatorischer Ebene» wurde im Übrigen auch für die oben aufgeführten Aspekte «utilisiert»: Würdigung von Herrn S. in seiner Rolle als Geschäftsführer (ihn in seiner übergeordneten Verantwortung für die GmbH insgesamt ansprechen) und sich gleichzeitig dabei selbst als Führungsfigur kompetent in Szene zu setzen («wir brauchen gemeinsam abgestimmte Kompetenzrichtlinien für unseren Erfolg!») konnten über dieses Thema noch einmal exemplarisch besprochen und veranschaulicht werden.

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